Bis zur Neuwahl des Bundestags könnten, so die Einschätzung von Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU), noch einige Gesetzesvorhaben der verbliebenen rot-grünen Minderheitsregierung in Zusammenarbeit mit der Union umgesetzt werden. Wüst betonte, dass die Union in dieser Wahlperiode stets als konstruktiver Partner agiert habe, indem sie die Hälfte der Gesetzgebungsvorhaben der Ampelkoalition mitgetragen habe.
Ein besonders wichtiges Vorhaben, das Wüst als unproblematisch ansieht, ist die Stärkung der Widerstandsfähigkeit des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe. Der Ministerpräsident sieht keinen Grund, warum dieses Gesetz nicht in Zusammenarbeit mit den ehemaligen Ampel-Parteien und der Union verabschiedet werden könne. Dies ist besonders relevant, da die Sorge besteht, dass eine mögliche Sperrminorität von AfD und BSW im neuen Bundestag eine Blockade des Gesetzes verursachen könnte.
Neue Perspektiven für das Sicherheitspaket
Wüst äußerte zudem, dass die rot-grüne Minderheitsregierung nun, nach dem Ausscheiden der FDP aus der Regierung, neue Möglichkeiten hat, das blockierte Sicherheitspaket voranzutreiben. Der Bundestag hatte im Oktober das von SPD, Grünen und FDP nach dem Messeranschlag in Solingen beschlossene Sicherheitspaket angenommen. Jedoch wurde der Teil des Gesetzes, der die biometrische Datenspeicherung durch Sicherheitsbehörden regelt, im Bundesrat gestoppt. Wüst sieht nun eine Chance, den Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat anzurufen, um das Paket weiterzubringen. Ein Streitpunkt bleibt die Speicherung von IP-Adressen, bei dem Unionspolitiker auf eine neue, rechtlich unbedenkliche Form der Verpflichtung drängen.
Weitere beschlussreife Vorhaben und Gesetzesinitiativen
Wüst hob auch hervor, dass weitere Gesetzesvorhaben beschlussreif seien. Dazu gehört unter anderem die Zusatzvereinbarung zum Bonn-Berlin-Gesetz, die laut Wüst für mehr Planungssicherheit in der Region sorgen würde. Darüber hinaus befürwortet er eine Erhöhung der steuerlichen Grundfreibeträge. Diese Maßnahme basiert auf dem berechneten Existenzminimum, das steuerfrei bleiben sollte, um den Lebensunterhalt zu sichern. Wüst rechnet damit, dass es bei dieser Initiative keinen großen Widerstand geben wird.
Die Krankenhausreform von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) ist ebenfalls “entscheidungsreif”, so Wüst. Die Reform wird am 22. November im Bundesrat behandelt, wobei Wüst hofft, dass die Vorschläge aus den Ländern berücksichtigt werden. Sollte dies nicht der Fall sein, sei er auch bereit, den Vermittlungsausschuss anzurufen. Wüst betonte, dass die Reform so weit fortgeschritten sei, dass sie nun nicht mehr aufgeschoben werden dürfe.
Trotz der Herausforderungen, die durch die Minderheitsregierung entstehen, sieht Hendrik Wüst verschiedene Chancen, wichtige Gesetzesvorhaben in Zusammenarbeit mit der Union umzusetzen. Insbesondere die Themen der Stärkung des Bundesverfassungsgerichts, das blockierte Sicherheitspaket und die Krankenhausreform könnten in den kommenden Monaten wichtige Schritte vorankommen.